Da Bewertungsportale durch die steigende Anzahl von Online-Anbietern immer größere Bedeutung erlangen, möchten wir hier einen fundierten Rechtsprechungsüberblick anbieten. Durch die stetig zunehmende Vielfalt von Angeboten, wird es für den Kunden zunehmend schwieriger zu beurteilen, inwiefern der gewünschte Anbieter den eigenen Anforderungen an die Zuverlässigkeit und den Kundenservice gerecht wird.
Während die offline maßgebliche Mundpropaganda an Bedeutung immer weiter verliert, nutzen die Kunden bei der Auswahl des Shops/Dienstleisters nun immer öfter händlereigene oder selbstständige Bewertungsportale von Drittanbietern. In diesen haben die Kunden die Möglichkeit, ihre bisherigen Erfahrungen mit dem Unternehmen in Form eines Bewertungssystems (z.B. Sterne, Schulnoten) oder in Form eines Erfahrungsberichtes öffentlich zu bewerten.
Potentielle Kunden können diese Bewertung dann in der Regel öffentlich auf der Seite des Bewertungsportals einsehen um sich vorab ein Bild über den zukünftigen Vertragspartner zu machen.
Die Rechtsprechung der letzten Jahre zeigt, dass insbesondere die Abgabe einer Bewertung verschiedenste rechtliche Probleme in sich birgt. So wird es im Interesse des bewerteten Unternehmens liegen, negative Bewertungen möglichst zu vermeiden. Auf der anderen Seite liegt es im Interesse der Kunden, möglichst wahrheitsgetreu über die Praktiken des jeweiligen Unternehmens/Dienstleisters informiert zu werden. Treffen diese beiden Interessen aufeinander, gilt es in diesem Spannungsfeld zwischen den Interessen des bewerteten Unternehmens/Dienstleisters und dem Informationsinteresse der Kunden entsprechend abzuwägen.
Im Folgenden soll anhand der aktuellen Rechtsprechung auf die grundlegenden Fragen bei der Nutzung von Bewertungsportalen eingegangen werden.
I. Bewertungen verhindern und deren Voraussetzungen
Betroffen von einer Bewertung können sowohl natürliche Personen wie z.B. Ärzte oder Handwerker als auch Unternehmen wie z.B. Hotels oder Reiseanbieter sein.
1. Bewertungen von Personen:
a.) Grundsätzliche Zulässigkeit von Bewertungen
Die grundsätzliche Zulässigkeit einer Bewertung von Personen richtet sich insbesondere nach der Kernfrage, inwiefern die Erhebung, Nutzung etc. der Daten überhaupt gem. §§ 28, 29 BDSG zulässig ist und ob die Bewertung unter den Schutzbereich des Grundrechts auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 fällt und möglicherweise das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verdrängt.
Mit diesen Fragen hatte sich der BGH in der wegweisenden sog. „Spickmich“-Entscheidung auseinandergesetzt (BGH, Urteil vom 23.06.2009 – Az.: VI ZR 196/08) welcher sich die Instanzgerichte in der Folge regelmäßig angeschlossen haben (vgl. zuletzt OLG Köln, Urteil vom 05. Januar 2017 – I-15 U 121/16).
Gegenstand der Klage war hier ein Portal, auf dem Lehrer bewertet werden konnten.
Das Gericht hatte zwischen dem Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Klägerin (Lehrerin) nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und dem Recht auf Meinung- und Kommunikationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG abzuwägen.
Zwar sieht das Gericht in der Nennung des Namens der Lehrerin sowie in deren damit verbundener Benotung zweifellos das Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt, kam jedoch nach der Abwägung im Ergebnis zu dem Schluss, dass dieses hinter dem Recht auf Meinungs- und Kommunikationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG zurückzutreten habe.
Das Gericht bewertete in diesem Fall das Informationsinteresse für die Nutzer des Portals höher als das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Zu beachten ist jedoch, dass eine solche Abwägung immer Einzelfallbezogen zu erfolgen hat. Zwar gelten Bewertungsportale damit nach der Rechtsprechung des BGH als grundsätzlich von der Meinungsfreiheit durch Art. 5 Abs. 1 geschützt, dies bedeutet jedoch nicht, dass der Nutzer einen Freibrief bezüglich seiner Bewertung erhält.
So kann es daher von entscheidender Bedeutung sein, welche Informationen im Rahmen der Bewertung preisgegeben werden. Beispielsweise kann es einen Unterschied machen, ob es sich um Informationen aus dem sozialen- oder Arbeitsumfeld oder um private Informationen handelt. Während erstere durch den Betroffenen selbst nach außen getragen werden (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG) und grds. für jeden offenliegen, gelangen private oder intime Informationen regelmäßig nicht an die Öffentlichkeit und genießen daher erhöhten Schutz.
Der BGH lässt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Rahmen seiner Abwägung auch deshalb zurücktreten, weil jene Informationen, die im Rahmen der Lehrerbewertung bekannt wurden, lediglich der Sozialsphäre der Lehrerin zuzurechnen seien. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei daher nur am Rande berührt wird (so auch LG Düsseldorf, Urteil vom 09. April 2013 – 5 O 141/12, LG Kiel, Urteil vom 06. Dezember 2013 – 5 O 372/13).
Daraus folgt, dass vor allem Bewertungen, die auf privaten oder intimen Informationen beruhen in der Regel unzulässig sein dürften.
Anzumerken ist, dass die o.g. „Spickmich“-Entscheidung ein Bewertungsforum zum Gegenstand hatte, welches erst nach vorheriger Anmeldung einsehbar war. Zwischenzeitlich hat sich die Rechtsprechung jedoch auch mit öffentlich einsehbaren Bewertungsportalen auseinandergesetzt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2011 – Az.: 3 U 196/10) und die o.g. Grundsätze entsprechend angewandt. Auch solche Bewertungen werden grds. für zulässig erachtet. Allerdings weist das OLG Hamm darauf hin, dass die Abwägung auch Anhand des betroffenen Personenkreises zu erfolgen habe. Richtet sich der Betroffene (hier: Arzt) mit seinem Angebot an jedermann, so bestehe auch grundsätzlich für jedermann ein überwiegendes Informationsinteresse.
b) Grenzen im Rahmen der Abwägung bei Bewertungsportalen
Der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgend (vgl. Beschluss vom 24. Februar 1999 – 1 BvR 1847/95 m.w.N.) deutet der BGH jedoch auch in der „Spickmich“-Entscheidung an, eine Bewertung sei im Einzelfall u.U. dann nicht durch Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, sofern es sich um eine sog. Schmähkritik handele.
Eine Schmähkritik liegt nach dem BVerfG immer dann vor, wenn in der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (vgl. BVerfGE 82, 272 <284>).
Eine Bewertung sei damit regelmäßig unzulässig und nicht mehr durch Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, sofern es sich z.B. um bloße Formalbeleidigungen oder Angriffe auf die Menschenwürde handele (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2009 – Az.: VI ZR 196/08).
Eine weitere Grenze ist dort zu ziehen, wo es sich bei der Äußerung nicht mehr um eine Meinungsäußerung sondern um eine Tatsachenbehauptung handelt.
Meinungsäußerungen sind solche Äußerungen, die durch das Element der Stellungnahme, Dafürhaltens oder Meinen geprägt sind (BVerfGE 85, 1 <14 f.>), während Tatsachen grundsätzlich der Überprüfung mittels Beweises zugänglich sind (BVerfGE 94, 1 <8>). Im Einzelfall können allerdings auch Tatsachen unter den Schutz der Meinungsfreiheit fallen, sofern sie für die Bildung der Meinung maßgebend sind (BVerfGE 85, 1 <14 f.>).
In der Regel nicht unter den Schutz der Meinungs- und Kommunikationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG fallen solche Tatsachenbehauptungen, die bewusst unwahr oder erwiesenermaßen falsch sind (BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 – 1 BvR 1696/98). Damit sind derartige Einträge auf Bewertungsportalen in der Regel unzulässig.
Ebenso kann eine Bewertung dann unzulässig sein, wenn sie nicht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage basiert und z.B. die einem Restauranttest zugrunde liegende Untersuchung nicht neutral, sachkundig und im Bemühen um Richtigkeit vorgenommen wurde (vgl. OLG Köln, Urteil vom 03. Mai 2011 – I-15 U 194/10).
2. Bewertung von Unternehmen:
Abgesehen von der Bewertung natürlicher Personen, wie z.B. von Lehrern, finden sich im Internet auch zunehmend Portale auf denen Kunden Unternehmen wie z.B. Hotels oder Reiseanbieter bewerten können.
Solche Bewertungen können das sog. „Unternehmenspersönlichkeitsrecht“ gemäß Art. 2 Abs. 1 GG betreffen und/oder auch einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß §§ 823 I BGB begründen.
Auch hier geht es im Kern darum, inwiefern das Unternehmenspersönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG mit dem Grundrecht der Kommunikations- und Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG abzuwägen ist.
Auch diese Frage beschäftigte in jüngster Zeit die Gerichte (OLG Hamburg, Urteil vom 18. Januar 2012 – Az. 5 U 51/11, OLG Stuttgart, Urteil vom 11. September 2013 – 4 U 88/13).
Der oben genannten „Spickmich“-Entscheidung folgend, hat die Rechtsprechung auch bei Bewertungen von Unternehmen entschieden, dass diese grundsätzlich von der Meinungsfreiheit umfasst und daher zulässig sind.
Jedoch gelten auch hier die oben genannten Grenzen und Ausnahmen (z.B. keine Schmähkritik, keine unwahren Tatsachenbehauptungen).
Im unternehmerischen Bereich ergibt sich die Besonderheit, dass die Bewertung eines Unternehmens durch ein anderes Konkurrenzunternehmen eine in wettbewerbsrechtlicher Sicht unlautere Handlung gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 UWG darstellen kann. Die bisher genannten Grundsätze können insofern jedoch entsprechend übertragen werden, da im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 1 UWG entsprechend Schmähkritik und im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 UWG grundsätzlich unwahre Tatsachenbehauptungen unzulässig sind. Auch eine Behinderung des Marktteilnehmers gemäß 4 Nr. 4 UWG liegt nur dann vor, wenn auf die Kunden unangemessen eingewirkt wird. Dieses Merkmal liegt bei Bewertungsportalen allerdings wohl häufig nicht vor (vgl. OLG Köln, Urteil vom 05. Januar 2017 – I-15 U 121/16).
3. Fazit zu Bewertungsportalen:
Abschließend kann zusammengefasst werden, dass Bewertungen, sofern Sie sich an die oben genannten Grenzen halten grundsätzlich unter den Schutz von Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG fallen und damit grundsätzlich zulässig sind.
II. Wie gegen rechtswidrige Bewertungen vorgehen?
Grundsätzlich bieten sich zwei Möglichkeiten. Der Betroffene kann zunächst gegen den Urheber selbst oder aber auch gegen das Bewertungsportal vorgehen.
1. Vorgehen gegen Urheber der Bewertung
Sofern der jeweilige Urheber der Bewertung bekannt ist, kann dieser selbst zunächst auf Grundlage von §§ 823, 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB u.U. i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG im Wege der Abmahnung mittels einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zum Unterlassen der entsprechenden Bewertung aufgefordert werden. Dieser Unterlassungsanspruch kann dann im Folgenden gerichtlich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes und/oder durch ein Hauptsacheverfahren vor Gericht geltend gemacht werden. Daneben kommen auch Schadensersatzansprüche und Straftatbestände wie insbesondere Beleidigung gem. § 185 StGB, üble Nachrede gem. § 186 StGB und Verleumdung gem. § 187 StGB in Betracht.
Es stellt sich allerdings die Frage, wie vorzugehen ist, wenn der Urheber die Bewertung anonym abgegeben hat.
Zunächst ist festzustellen, dass die anonyme Nutzung sog. Telemedien (z.B. Internetseiten) gemäß § 13 Abs. 6 S. 1 TMG per Gesetz anonym möglich sein muss. Eine Verpflichtung zur Angabe von personenbezogenen Daten bei der Bewertung besteht damit grds. nicht, da die anonyme Nutzung des Internets der gesetzlichen Interessenlage entspricht (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2011 – Az.: 3 U 196/10). Die Beurteilung anonymer Bewertungen richtet sich im Ergebnis nach den u.a. in der „Spickmich“-Entscheidung entwickelten Grundsätzen (vgl. OLG Hamm, a.a.O.). Eine andere Frage ist jedoch, ob aus § 13 Abs. 6 S. 1 TMG zugleich ein Verbot zur Auskunftserteilung durch den Portalbetreiber folgt.
a. Anspruch auf Auskunft gegenüber dem Forenbetreiber
Erfolgte die Bewertung anonym oder zumindest unter einem Pseudonym, stellt sich für Betroffene die Frage, inwiefern sie vom Bewertungsportalbetreiber Auskunft über den Urheber der Bewertung verlangen können, sofern dieser überhaupt weitere Informationen vorhält.
Während einige Gerichte unter Hinweis auf die gesetzlich garantierte Anonymität aus § 13 Abs. 6 S. 1 TMG einen Auskunftsanspruch ablehnen (so OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2011 – Az.: 3 U 196/10, LG München I, Urteil vom 03.07.2013 – Az.: 25 O 23782/12) leiten einzelne Gerichte einen solchen Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben gemäß § 242 BGB her, sofern die Rechtsverletzung feststeht und dem Portalbetreiber die Auskunft ohne Schwierigkeiten möglich ist (so wohl OLG Dresden – Beschluss vom 08.02.2012, Az.: 4 U 1850/11).
Diese Streitfrage dürfte jedoch spätestens durch die Entscheidung des BGH zu dieser Frage (BGH Urteil vom 1. Juli 2014 – VI ZR 345/13) an Relevanz verloren haben. Der BGH hatte in dieser Entscheidung über einen Auskunftsanspruch eines Arztes gegen die Betreiber eines Ärztebewertungsportals zu entscheiden. Der BGH verneinte hier einen Auskunftsanspruch mit der Begründung, der Portalbetreiber sei gemäß § 12 Abs. 2 TMG nicht zur Herausgabe der zur Bereitstellung des Telemediums erhobenen Anmeldedaten befugt und es fehle insofern an einer Ermächtigungsgrundlage. Dieser Meinung scheinen nun auch die Instanzgerichte zu folgen (vgl. zuletzt OLG Köln, Urteil vom 05. Januar 2017 – I-15 U 121/16).
2. Vorgehen gegen Bewertungsportale selber
Alternativ kann der Betroffene auch unter bestimmten Voraussetzungen vom Portal selbst die Löschung der Bewertung fordern.
a. Grundsätzlich keine Haftung der Portale, wenn Bewertung von Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt ist
Sofern sich die Bewertung in den o.g. Grenzen bewegt, kann der Betroffene vom jeweiligen Bewertungsportal keine Löschung verlangen. Auch bezüglich der personenbezogenen Daten folgt aus dem Bundesdatenschutzgesetz i.d.R. kein Löschungsanspruch, sofern (wie z.B. bei Ärzten) der Name und die Adresse ohnehin öffentlich zugänglich sind (vgl. § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG; OLG Frankfurt, Urteil vom 08. März 2012 – 16 U 125/11, AG München Urteil vom 12. Oktober 2012 – 158 C 13912/12). Auch hier überwiegt auf Seiten des Portalbetreibers die Meinungs- und Kommunikationsfreiheit (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 09. April 2013 – 5 O 141/12, LG Kiel, Urteil vom 06. Dezember 2013 – 5 O 372/13, OLG Köln, Urteil vom 05. Januar 2017 – I-15 U 121/16).
Anzumerken ist, dass das OLG Köln neben § 29 BDSG auch den strengeren § 28 BDSG als einschlägig angedeutet hat. Dies soll immer dann der Fall sein, wenn das Portal auch einen Vertrag mit den Bewerteten selbst (hier: Ärzten) schließe. Da in diesem Fall das Portal auch eigene Geschäftszwecke verfolge, sei § 28 BDSG neben § 29 BDSG anzuwenden. Jedoch kommt auch das OLG Köln bei der im Rahmen von § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG gebotenen Abwägung im Ergebnis zu einer Zulässigkeit der Bewertung (OLG Köln, a.a.O.).
b.) Haftung der Portale bei Bewertungen, die Rechtsverletzungen darstellen
Überschreitet die Bewertung jedoch die rechtlichen Grenzen (z.B. Beleidigung, unwahre Tatsachenbehauptung, sonstige Gesetzesverstöße), so kann unter gewissen Voraussetzungen auch vom Portalbetreiber die Löschung verlangt werden.
Auch wenn die Portalbetreiber den Eintrag nicht selbst verfassen, also nicht unmittelbar Täter sind, so haften sie nach den Grundsätzen der sog. „Störerhaftung“. Störer ist jeder, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt (BGH, Versäumnisurteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10 m.W.n., LG Hamburg, Urteil vom 24. März 2017 – 324 O 148/16).
Um eine ausufernde Haftung zu vermeiden, hat die Rechtsprechung bei der Beurteilung der Störereigenschaft bestimmte Kriterien entwickelt, um den besonderen Umständen des Internets Rechnung zu tragen.
So wendet der BGH (vgl. BGH a.a.O.) die bereits im Rahmen zu anderen Internetdiensten entwickelten Grundsätze (BGH, Urteil vom 11. März 2004 – I ZR 304/01 , BGH, Versäumnisurteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10) nun auch auf Bewertungsplattformen an (vgl. BGH, Urteil vom 01. März 2016 – VI ZR 34/15). Danach ist ein Plattformbetreiber nur dann Störer, sobald er von den Rechtsverletzungen Kenntnis erlangt. Der Portalbetreiber hat dann den Sachverhalt auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen und unter Berücksichtigung einer Stellungnahme des für die Bewertung Verantwortlichen zu ermitteln und zu bewerten und einer konkreten Rüge des Betroffenen nachzugehen. Der Umfang der Überprüfungspflicht richtet sich dabei nach einer Interessenabwägung im Einzelfall.
Die Rechtsprechung lässt jedoch erkennen, dass der Portalbetreiber sich nicht mit pauschalen Zusicherungen des verantwortlichen Bewertenden zufrieden geben darf. Vor dem Hintergrund des substantiierten Bestreitens muss er vielmehr einen geeigneten Nachweis für die Tatsachengrundlage, z.B. durch Vorlage geeigneter Nachweise, einfordern (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10, LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 08. Mai 2012 – 11 O 2608/12).
Zwar äußert sich der BGH in der o.g. Entscheidung nicht ausdrücklich zur Löschungspflicht bei Bewertungsportalen, jedoch ist in Folge der bisherigen Rechtsprechung zu Internetdiensten davon auszugehen, dass bei gegebener Rechtsverletzung eine Löschung zu erfolgen hat (BGH, Urteil vom 11. März 2004 – I ZR 304/01, zu Löschungspflicht bei Blogs: BGH, Versäumnisurteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10). So gehen auch die Instanzgerichte regelmäßig von einer Löschungspflicht bei einer Rechtsverletzung aus (so wohl auch OLG Köln, Urteil vom 05. Januar 2017 – I-15 U 121/16 –, LG Hamburg, Urteil vom 24. März 2017 – 324 O 148/16, zu Löschungspflicht bei Blogs: OLG Köln, Urteil vom 05. Januar 2017 – I-15 U 121/16). Ungeklärt ist allerdings, ob in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Markenrecht der Portalbetreiber dann in zumutbarer Weise weitere Rechtsverletzungen durch einen bereits auffällig gewordenen Verantwortlichen vorab verhindern muss (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 – I ZR 304/01). Die Rechtsprechung zu rechtswidrigen Foreneinträgen tendiert wohl zu einer eingeschränkten Prüfungspflicht, sofern die Einträge mit zumutbarem Aufwand geprüft werden können (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 22. August 2006 – 7 U 50/06). Damit dürfte die Prüfungspflicht eine Frage der Einzelfallbewertung sein.
Eine Pflicht des Portalbetreibers, grundsätzlich jede Bewertung vorab auf Rechtmäßigkeit zu kontrollieren besteht hingegen nicht.
Inwiefern die Haftungsprivilegierung aus § 10 TMG auf Bewertungsportalbetreiber anwendbar ist, ist bisher noch ungeklärt.
Während der BGH § 10 TMG nur auf die Schadensersatzhaftung und die strafrechtliche Verantwortlichkeit bezieht (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10, wohl auch BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 – I ZR 18/11) wenden die Instanzgerichte (KG Berlin, Urteil vom 16. April 2013 – 5 U 63/12) § 10 TMG teilweise in Anlehnung an die Rechtsprechung des EUGH (EuGH, Urteil vom 23. März 2010 – C-236/08 bis C-238/08, EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 – C-324/09) wohl auch auf Unterlassungsansprüche an.
c.) Haftung der Portale beim „Zueigenmachen“ der Bewertung
Nach der Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 12. November 2009 – I ZR 166/07, KG Berlin, Urteil vom 16. April 2013 – 5 U 63/12, BGH, Urteil vom 04. April 2017 – VI ZR 123/16) können Bewertungsportale jedoch auch dann Störer und damit selbst Haftbar sein, wenn Sie sich einen Eintrag eines Nutzers Zu-Eigen machen. Dabei sei aufgrund einer Gesamtbetrachtung zu prüfen, ob der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat.
Danach spreche es für eine solche Zu-Eigenmachung, wenn der Portalbetreiber die eingestellten Beiträge inhaltlich redaktionell auf Vollständigkeit und Richtigkeit prüft und diese dann, insbesondere ohne Rücksprache mit dem Dritten, selbstständig z.B. ändert oder teilweise entfernt. Diese Übernahme der inhaltlichen Verantwortung erlange zumindest dann Außenwirkung, wenn der Portalbetreiber dem von der Kritik betroffenen die Änderungen, teilweisen Entfernungen etc. mitteile. Die Folge ist, dass der Portalbetreiber dann als unmittelbarer Störer anzusehen ist.
III. Vorgehen von Portalen gegen rechtswidrige Bewertungen
Will der Portalbetreiber sich die Möglichkeit offenhalten, einschlägige Nutzer von seinem Portal auszuschließen, so kann er die Nutzungsmodalitäten grds. durch Vereinbarung bestimmter Nutzungsbedingungen in Form von AGB regeln. In welchen gesetzlichen Grenzen solche Vereinbarungen zulässig sind, hängt vom Einzelfall ab (vgl. LG München I, Urteil vom 25.10.2006 – Az. 30 O 11973/05).
Fraglich ist jedoch, ob dem Portalbetreiber auch ohne spezielle AGB die Möglichkeit offensteht bestimmte Nutzer auszuschließen. Die Rechtsprechung spricht dem Portalbetreiber dabei ein sog. „virtuelles Hausrecht“ zu (vgl. zu Chatseiten: OLG Köln Beschluss 25.8.2000 19 U 2/00).
Ist der Portalbetreiber Eigentümer der Hardware, Server etc. folge dieses aus §§ 903 S. 1 Alt. 2, 1004 BGB, hat er sie gemietet folge der Schutz aus den Besitzschutzansprüchen der §§ 858, 862 BGB (so auch LG München I, a.a.O.).
Im Übrigen wird zwischen Nutzer und Portalbetreiber regelmäßig ein Vertrag bezüglich der Portalnutzung getroffen, so dass der Portalbetreiber diesen nach den Voraussetzungen gemäß § 314 BGB bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ggfs. nach vorheriger Abmahnung fristlos Kündigen kann (so auch LG München I, a.a.O.).
Ob allerdings ein solcher wichtiger Grund vorliegt ist wiederum eine Einzelfallfrage.
Höchstrichterlich ungeklärt ist die Frage, inwiefern Portalbetreiber fernab von der Kündigung aus wichtigem Grund das Vertragsverhältnis jederzeit grundlos Kündigen können.
Während das AG Karlsruhe bei kostenlosen Diensten unter Hinweis auf die Vertragsfreiheit eine grundlose Kündigungsmöglichkeit bejaht (vgl. AG Karlsruhe, Urteil vom 24.07.2012 – Aktenzeichen 8 C 220/12) lehnt das LG Bonn eine grundlose Kündigung jedenfalls dann ab, wenn der Betreiber die Nutzung grds. jedermann eröffnet hat. Eine willkürliche Kündigung und ein willkürlicher Ausschluss sei dann wegen des Verstoßes gegen § 242 BGB treuwidrig und damit unzulässig (vgl. LG Bonn, Urteil vom 16. November 1999 – 10 O 457/99).
Ebenso kann sich ein Portalbetreiber gegen unzulässiges Verhalten eines Mitbewerbers im Wege der IP-Sperre zur Wehr setzen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10. Juni 2008 – 4 U 37/08) oder einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch (z.B. bei gezielter Behinderung) gemäß § 4 Nr. 4 i.V.m. § 8 UWG geltend machen (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 28. Mai 2009 – 3 U 191/08).
IV. Wie sind verfälschte Kundenbewertungen zu bewerten?
Kundenbewertungen können auf verschiedene Arten verfälscht werden. Zu einen können negative Bewertungen unterdrückt, hohe Platzierungen erkauft oder das Bewertungsergebnis durch Platzierung sog. „Fake-Bewertungen“ beeinflusst werden.
Das OLG Düsseldorf hat die Unterdrückung negativer Bewertungen bereits als irreführend und damit als unzulässig eingestuft (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2013 – Az. 20 U 55/12). Ebenso sieht das LG Berlin eine irreführende geschäftliche Handlung als gegeben an, wenn Hotels die Möglichkeit der positiven Beeinflussung eines Rankings durch Erhöhung der Kommissionen eingeräumt wird (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 25. August 2011 – 16 O 418/11). Der Verbraucher erwarte insofern nicht, dass Zahlungen des Hotels das Ranking beeinflussen würden (vgl. LG Berlin a.a.O.).
Die o.g. Grundsätze dürften auf Fake-Bewertungen zu übertragen sein, so dass diese insoweit unzulässig sein dürften.
Sollten Sie weiteres Interesse an der rechtlichen Problematik bei Bewertungsportalen haben oder juristische Hilfe zu dem Thema benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung unter info@rehkatsch.de oder telefonisch unter 0221-4201074.