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Pro­vi­der-Haf­tung für Rechts­ver­let­zun­gen Drit­ter

Access Provider Haftung Dritte - Rehkatsch RechtsanwälteDer Bun­des­ge­richts­hof hat am 26. Novem­ber 2015 in zwei ver­schie­de­nen Ver­fah­ren über die Haf­tung von Access-Pro­vi­dern für die Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen von Drit­ten ent­schie­den. Dem­nach kön­nen Access-Pro­vi­der von Rech­te­inha­bern grund­sätz­lich ver­pflich­tet wer­den, den Zugang zu Inter­net­sei­ten mit Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen zu unter­bin­den.

Die Ver­fah­ren

In dem ers­ten Ver­fah­ren ging es um eine Kla­ge der GEMA gegen ein Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men auf Unter­las­sung der Zugäng­lich­ma­chung der Web­sei­te „3dl.am“ (Az: BGH I ZR 3/14). Auf die­ser Sei­te sol­len Links und URLs zugäng­lich gemacht wor­den sei­en, die wider­rum zu Sei­ten führ­ten, wo urhe­ber­recht­lich geschütz­te Musik­wer­ke her­un­ter­ge­la­den wer­den konn­ten. Die GEMA sah dar­in eine Ver­let­zung ihrer wahr­ge­nom­me­nen Urhe­ber­rech­te.

In dem zwei­ten Ver­fah­ren klag­ten Ton­trä­ger­her­stel­ler gegen die Betrei­be­rin eines Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­zes, die den Zugang zu der Sei­te „goldesel.to“ ver­mit­tel­te (Az: BGH I ZR 174/14). Über die­se Web­sei­te konn­ten eben­falls Links und URLs abge­ru­fen wer­den, die zu Sei­ten mit urhe­ber­recht­lich geschütz­ten Musik­wer­ken führ­ten. Auch hier wur­de auf Unter­las­sung geklagt, die Web­sei­te „goldesel.to“ zugäng­lich zu machen und somit die Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen durch Drit­te zu ermög­li­chen. Die Ton­trä­ger­her­stel­ler sahen dar­in eine Ver­let­zung ihrer Urhe­ber­rech­te gemäß § 85 Urhe­ber­rechts­ge­setz.

Bei­de Ver­fah­ren wur­den von den Land­ge­rich­ten und Ober­lan­des­ge­rich­ten der frü­he­ren Instan­zen abge­wie­sen. In den Revi­si­ons­ver­fah­ren hat nun auch der Bun­des­ge­richts­hof bei­de Ver­fah­ren zurück­ge­wie­sen.

Die Rechts­la­ge

Grund­sätz­lich kann ein Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ver­fah­ren von den Rech­te­inha­bern auf Unter­las­sung in Anspruch genom­men wer­den. Das ergibt sich aus einer euro­pa­rechts­kon­for­men Aus­le­gung des deut­schen Rechts gemäß Arti­kel 8 Absatz 3 der Richt­li­nie 2001/29/EG über das Urhe­ber­recht in der Infor­ma­ti­ons­ge­sell­schaft. Eine Stö­rer­haf­tung des Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­mens ist gege­ben, weil die Ver­mitt­lung des Zugangs zu den Web­sei­ten mit rechts­ver­let­zen­den Inhal­ten einen adäquat-kau­sa­len Bei­trag zu den Rechts­ver­let­zun­gen dar­stellt. Aller­dings muss der Rech­te­inha­ber vor Inan­spruch­nah­me des Access-Pro­vi­ders zunächst ver­su­chen, gegen die der Rechts­ver­let­zung näher ste­hen­den Betei­lig­ten, also hier den Web­sei­ten-Betrei­ber oder den Host-Pro­vi­der, vor­zu­ge­hen. Dafür reicht es nicht aus, wie in den vor­lie­gen­den Fäl­len, Ver­fü­gungs­an­trä­ge an die Host-Pro­vi­der und Web­sei­ten-Betrei­ber zu stel­len, wenn die­se sich nicht zustel­len oder die Adres­sen nicht her­aus­fin­den las­sen. Der Rech­te­inha­ber muss dar­über hin­aus zumut­ba­re Maß­nah­men zur Nach­for­schung ergrei­fen, wie z.B. die Beauf­tra­gung einer Detek­tei, eines auf die Ermitt­lung von rechts­wid­ri­gen Ange­bo­ten im Inter­net spe­zia­li­sier­tes Unter­neh­men oder auch das Hin­zu­zie­hen von staat­li­chen Ermitt­lungs­be­hör­den. Erst wenn die­se Maß­nah­men erfolg­los oder gänz­lich aus­sichts­los sind, darf der Access-Pro­vi­der in Anspruch genom­men wer­den. Außer­dem sind die ver­schie­de­nen Grund­rech­te der Inter­net­nut­zer, nament­lich die Infor­ma­ti­ons­frei­heit und infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung, die Grund­rech­te des Eigen­tums­schut­zes der Rech­te­inha­ber und die Berufs­frei­heit der Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men bei einer mög­li­chen Sper­rung gegen­ein­an­der abzu­wä­gen. Zumut­bar ist eine Sper­rung aller­dings schon dann, wenn bei einer Gesamt­be­trach­tung die recht­mä­ßi­gen Inhal­ten gegen­über den rechts­wid­ri­gen einer Sei­te nicht ins Gewicht fal­len.

Fazit

Grund­sätz­lich kann eine Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men somit auf Sper­rung einer Web­sei­te mit urhe­ber­rechts­ver­let­zen­den Inhal­ten in Anspruch genom­men wer­den. Davor muss der Rech­te­inha­ber aller­dings in zumut­ba­ren Maße ver­su­chen den Web­sei­ten-Betrei­ber oder den Host-Pro­vi­der in Anspruch zu neh­men. Bei einer mög­li­chen Sper­rung gegen­ein­an­der abzu­wä­gen sind die Berufs­frei­heit des Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­mens, der Eigen­tums­schutz der Rech­te­inha­ber und die Infor­ma­ti­ons­frei­heit der Inter­net­nut­zer. Dazu müs­sen die rechts­wid­ri­gen die recht­mä­ßi­gen Inhal­te der Sei­te wesent­lich über­wie­gen. Erfolgt eine sol­che Zugang­sper­rung der Web­sei­te, kann sie ledig­lich von den Kun­den des Access-Pro­vi­ders nicht mehr auf­ge­ru­fen wer­den, sie bleibt jedoch wei­ter­hin bestehen und kann von ande­ren auf­ge­ru­fen wer­den.

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