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Bild­be­richt­erstat­tung !? Wort­be­richt­erstat­tung !?

Was geschrie­ben wer­den darf, darf noch lan­ge nicht bild­lich unter­mau­ert wer­den!

Das OLG Köln hat in einem Urteil vom 22. Novem­ber 2018 (Az.: 15 U 96/18) hier­zu klar dif­fe­ren­ziert.

Was war der Anlass für das Urteil? Die Bild Online berich­te­te über einen Kurz­ur­laub des Natio­nal­fuß­ball­spie­lers Juli­an Drax­ler, den die­ser auf einer Yacht mit einer Dame, die offen­sicht­lich nicht sei­ne Lebens­ge­fähr­tin war, „knut­schend“ ver­brach­te.

Wie für die Bild typisch, wur­de Herr Drax­ler in dem Arti­kel krea­tiv als „Käpt´n Knutsch“ beti­telt und gemein­sam mit dem Arti­kel wur­den Fotos ver­öf­fent­licht, auf denen man erken­nen konn­te, wie die­ser die Unbe­kann­te küss­te. Sowohl er als auch sei­ne lang­jäh­ri­ge Freun­din zogen dage­gen vor Gericht und obwohl das Land­ge­richt der Kla­ge in ers­ter Instanz noch im vol­len Umfang statt­gab, wür­dig­te das OLG Köln den Sach­ver­halt etwas dif­fe­ren­zier­ter.

Das Gericht ent­schied, dass die Wort­be­richt­erstat­tung berech­tigt gewe­sen sei, die Bild­be­richt­erstat­tung in die­sem Fall jedoch nicht.

Wann ist eine Bild­ver­öf­fent­li­chung zuläs­sig?

Der Anspruch auf Unter­las­sung der Bild­be­richt­erstat­tung ergab sich hier aus den §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 ana­log BGB i.V.m. § 22 KUG, da das Gericht dem Schutz der Pri­vat­sphä­re Vor­rang gegen­über dem Inter­es­se der Öffent­lich­keit an Infor­ma­ti­on gab.

§ 823 BGB
(1) Wer vor­sätz­lich oder fahr­läs­sig das Leben, den Kör­per, die Gesund­heit, die Frei­heit, das Eigen­tum oder ein sons­ti­ges Recht eines ande­ren wider­recht­lich ver­letzt, ist dem ande­ren zum Ersatz des dar­aus ent­ste­hen­den Scha­dens ver­pflich­tet.
(2) Die glei­che Ver­pflich­tung trifft den­je­ni­gen, wel­cher gegen ein den Schutz eines ande­ren bezwe­cken­des Gesetz ver­stößt. Ist nach dem Inhalt des Geset­zes ein Ver­stoß gegen die­ses auch ohne Ver­schul­den mög­lich, so tritt die Ersatz­pflicht nur im Fal­le des Ver­schul­dens ein.

§ 1004 BGB (Besei­ti­gungs- und Unter­las­sungs­an­spruch)
(1) Wird das Eigen­tum in ande­rer Wei­se als durch Ent­zie­hung oder Vor­ent­hal­tung des Besit­zes beein­träch­tigt, so kann der Eigen­tü­mer von dem Stö­rer die Besei­ti­gung der Beein­träch­ti­gung ver­lan­gen. Sind wei­te­re Beein­träch­ti­gun­gen zu besor­gen, so kann der Eigen­tü­mer auf Unter­las­sung kla­gen.
(2) Der Anspruch ist aus­ge­schlos­sen, wenn der Eigen­tü­mer zur Dul­dung ver­pflich­tet ist.

§ 22 KUG
Bild­nis­se dür­fen nur mit Ein­wil­li­gung des Abge­bil­de­ten ver­brei­tet oder öffent­lich zur Schau gestellt wer­den. Die Ein­wil­li­gung gilt im Zwei­fel als erteilt, wenn der Abge­bil­de­te dafür, daß er sich abbil­den ließ, eine Ent­loh­nung erhielt. Nach dem Tode des Abge­bil­de­ten bedarf es bis zum Ablau­fe von 10 Jah­ren der Ein­wil­li­gung der Ange­hö­ri­gen des Abge­bil­de­ten. Ange­hö­ri­ge im Sin­ne die­ses Geset­zes sind der über­le­ben­de Ehe­gat­te oder Lebens­part­ner und die Kin­der des Abge­bil­de­ten und, wenn weder ein Ehe­gat­te oder Lebens­part­ner noch Kin­der vor­han­den sind, die Eltern des Abge­bil­de­ten.

Die Recht­spre­chung wen­det in die­sem Zusam­men­hang das abge­stuf­te Schutz­kon­zept an (§§ 22, 23 KUG). Danach dür­fen Bild­nis­se einer Per­son grund­sätz­lich erst ein­mal nur mit ihrer Ein­wil­li­gung ver­brei­tet wer­den. Liegt eine sol­che Ein­wil­li­gung nicht vor, ist zu prü­fen, ob das Bild dem Bereich der Zeit­ge­schich­te zuzu­ord­nen ist oder ein ande­rer Aus­nah­me­tat­be­stand greift und die Inter­es­sen des Abge­bil­de­ten nicht ver­letzt wer­den. Hier­bei hat stets eine Inter­es­sen­ab­wä­gung der bei­den Sei­ten (des Abge­bil­de­ten sowie der Pres­se und damit der Öffent­lich­keit) statt­zu­fin­den. Wo kon­kret die Gren­ze für das berech­tig­te Infor­ma­ti­ons­in­ter­es­se der Öffent­lich­keit an der aktu­el­len Bericht­erstat­tung zu zie­hen ist, lässt sich gemäß der Recht­spre­chung nur unter Berück­sich­ti­gung der jewei­li­gen Umstän­de des Ein­zel­falls ent­schei­den.

Bereich der Zeit­ge­schich­te

Ein Bild ist dann dem Bereich der Zeit­ge­schich­te zuzu­ord­nen, wenn es bereits all­ge­mein ein Gescheh­nis der Zeit betrifft, wel­ches von all­ge­mei­nem gesell­schaft­li­chem Inter­es­se ist. Nicht zwin­gend muss es sich hier­bei um ein poli­ti­sches Gesche­hen han­deln. Hier­un­ter fal­len dann auch pro­mi­nen­te Per­so­nen, da sie er All­ge­mein­heit als Leit­fi­gur die­nen oder eine Kon­trast­funk­ti­on ein­neh­men kön­nen.

Abwä­gung Infor­ma­ti­ons­in­ter­es­se // Schutz Pri­vat­sphä­re

Um dann zu einer gerech­ten Abwä­gung der bei­den Rechts­po­si­tio­nen, Infor­ma­ti­ons­in­ter­es­se der Öffent­lich­keit und Schutz der Pri­vat­sphä­re des Abge­bil­de­ten, zu kom­men, müs­sen alle Details des jewei­li­gen Falls in Betracht gezo­gen wer­den.

Der BGH hat hier­zu aus­ge­führt, dass zu prü­fen sei, ob die Medi­en im kon­kre­ten Fall eine Ange­le­gen­heit von öffent­li­chem Inter­es­se ernst­haft der Öffent­lich­keit dar­stel­len wol­len, damit den Infor­ma­ti­ons­an­spruch des Publi­kums erfül­len und zur Bil­dung der öffent­li­chen Mei­nung bei­tra­gen oder ob sie ledig­lich die Neu­gier der Leser nach pri­va­ten Ange­le­gen­hei­ten pro­mi­nen­ter Per­so­nen befrie­di­gen.

Je grö­ßer der Infor­ma­ti­ons­wert für die Öffent­lich­keit sei, des­to mehr müs­se das Schutz­in­ter­es­se des­je­ni­gen, über den infor­miert wird, hin­ter den Infor­ma­ti­ons­be­lan­gen der Öffent­lich­keit zurück­tre­ten.

Umge­kehrt wie­ge aber auch der Schutz der Per­sön­lich­keit des Betrof­fe­nen umso schwe­rer, je gerin­ger der Infor­ma­ti­ons­wert für die All­ge­mein­heit sei (vgl. BGH, Urteil vom 29.5.2018 — VI ZR 56/17).

Man muss natür­lich hier­bei berück­sich­ti­gen, um was für eine Per­son es sich han­delt und inwie­weit die­se in der Öffent­lich­keit steht. Auch hier tritt der Per­sön­lich­keits­schutz wei­ter zurück, je grös­ser die Rol­le der Per­son in der Öffent­lich­keit ist. Poli­ti­ker genie­ßen dabei den gerings­ten Schutz, gefolgt von sons­ti­gen Per­so­nen im öffent­li­chen Leben und Pri­vat­per­so­nen, die den größ­ten Schutz genie­ßen. Wei­ter muss berück­sich­tigt wer­den, ob sich die abge­bil­de­te Per­son in Bezug auf ihre Pri­vat­sphä­re geschützt gefühlt hat, weil sie zum Bei­spiel in einem inti­men Umfeld war oder in einem nicht öffent­lich zugäng­li­chen Raum. Ein Sich-Gehen-Las­sen muss dabei aber nicht in einem geschlos­se­nen Raum statt­fin­den, son­dern kann auch schon dann geschützt wer­den, wenn es drau­ßen, qua­si „an der fri­schen Luft“ erfolgt.

Natür­lich fällt auch ins Gewicht, wie das Foto ent­stan­den ist, durch Nach­stel­len oder heim­li­ches beharr­li­ches Ver­fol­gen. Die­se Umstän­de füh­ren zu einem erhöh­ten Schutz der Per­sön­lich­keits­rech­te des Betrof­fe­nen.

Das Gericht hat­te im vor­lie­gen­den Fall BILD Online zu Gute gehal­ten, dass es sich bei der abge­bil­de­ten Per­son um eine sons­ti­ge Per­son des öffent­li­chen Lebens han­delt. Als Kapi­tän der Natio­nal­mann­schaft hat­te der abge­bil­de­te Fuß­ball­spie­ler damit eine gewis­se Ver­ant­wor­tung gegen­über der All­ge­mein­heit und vor allem gegen­über sei­nen Anhän­gern, wodurch gene­rell ein öffent­li­ches Inter­es­se an ihm als Per­son zu beja­hen war.

Die­ses Inter­es­se war in der vor­lie­gen­den Situa­ti­on sogar noch erhöht, da er gera­de erst zum Kapi­tän der Natio­nal­mann­schaft ernannt wor­den war, sowie sich theo­re­tisch in Vor­be­rei­tung auf ein inter­na­tio­na­les Spiel befand. Inso­fern lag das öffent­li­che Inter­es­se dar­in zu wis­sen, wie sich der neue Kapi­tän auf ein wich­ti­ges Spiel vor­brei­tet und wie sich dies auf sei­ne Frei­zeit­ge­stal­tung aus­wirkt.

Wei­ter­hin kam der BILD zu Gute, dass Juli­an Drax­ler selbst in der Ver­gan­gen­heit sein Pri­vat­le­ben und sei­ne Urlaubs­ge­stal­tung in sozia­len Medi­en und in der Pres­se durch­aus ver­mark­tet hat­te.

Pri­vat­sphä­re domi­niert

Nichts­des­to­trotz waren die Bil­der jedoch letzt­lich sei­ner Pri­vat­sphä­re zuzu­ord­nen. Dies zum einen, weil er sich in sei­nem Urlaub befand und zum ande­ren auf einer Yacht weit weg vom Ufer. Dar­um durf­te er davon aus­ge­hen, dass er sich in einem vor der Öffent­lich­keit geschütz­ten Raum befin­det und des­we­gen sich auch „gehen las­sen durf­te“.

Dar­um ent­schied das Gericht hier, dass die Pri­vat­sphä­re des Fuß­ball­spie­lers schüt­zens­wer­ter war als das Infor­ma­ti­ons­in­ter­es­se der Öffent­lich­keit.

Bericht­erstat­tung anders gewer­tet

In Bezug auf die Bericht­erstat­tung lag die Sache hier anders. Ein etwa­iger Unter­las­sungs­an­spruch könn­te sich zum Bei­spiel aus den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 ana­log BGB i.V.m. Art. 1Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG erge­ben, was das Gericht jedoch im vor­lie­gen­den Fall ver­nein­te.

BILD Online hat­te ledig­lich die Tat­sa­chen dar­ge­stellt und das Ver­hal­ten von Juli­an Drax­ler in Fra­ge gestellt. Eine Wer­tung wur­de inso­fern jedoch nicht vor­ge­nom­men, son­dern die­se viel­mehr dem Leser über­las­sen. Auch wenn grund­sätz­lich eine Paar­be­zie­hung zum inne­ren Bereich der Pri­vat­sphä­re gehört, konn­te BILD Online hier durch die Bericht­erstat­tung gerecht­fer­tigt in die Pri­vat­sphä­re ein­grei­fen, das es im Kern an sich nicht um die Bezie­hung in der Bericht­erstat­tung ging, son­dern um den Wider­spruch des Klä­gers zwi­schen sei­ner der öffent­li­chen Selbst­dar­stel­lung im Hin­blick auf sei­nen Bezie­hungs­sta­tus einer­seits und sei­nem tat­säch­li­chen Ver­hal­ten ande­rer­seits durch das Zusam­men­sein mit einer unbe­kann­ten Frau in inti­mer Art und Wei­se.

Das öffent­li­che Inter­es­se war in die­sem Fall eben­falls zu beja­hen, da es in der Wort­be­richt­erstat­tung um die Frei­zeit­ge­stal­tung des Spie­lers kurz vor einem Län­der­spiel ging. Dies ist durch­aus als von all­ge­mein gesell­schaft­li­chem Inter­es­se zu wer­ten.

Das Infor­ma­ti­ons­in­ter­es­se der Öffent­lich­keit über­wog in die­sem Fall dem Schutz der Pri­vat­sphä­re.

Soweit unse­re Erläu­te­run­gen die­ses inter­es­san­ten Urteils des OLG Köln zu Per­sön­lich­keits­rechts­ver­let­zung bei iener Bild­be­richt­erstat­tung über einen Kurz­ur­laub eines
Fuß­ball­na­tio­nal­spie­lers in Frau­en­be­glei­tung.

Soll­ten Sie Fra­gen haben zum Kon­text der Wort- und Bild­be­richt­erstat­tung oder zu ande­ren medi­en- oder pres­se­recht­li­chen Ange­le­gen­hei­ten, rufen Sie uns ger­ne an unter 0221–4201074.

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